Ulm gilt als Vorreiter bei der Energiewende in Baden-Württemberg. Die Stadt an der Donau verfolgt ambitionierte Klimaziele und setzt konsequent auf erneuerbare Energien. In diesem Artikel beleuchten wir den aktuellen Stand, laufende Projekte und die Zukunftsperspektiven für nachhaltige Energie in der Region.
Ulms Klimaziele: Ambitioniert und realistisch
Die Stadt Ulm hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu werden. Ein ehrgeiziger Plan, der durch eine durchdachte Energiestrategie untermauert wird:
- Reduktion der CO2-Emissionen um 65% bis 2030 (Basis: 1990)
- Vollständige Klimaneutralität bis 2035
- Ausbau erneuerbarer Energien auf 80% des Gesamtverbrauchs
- Energieeffizienz-Steigerung um 40% in öffentlichen Gebäuden
Solarenergie: Das Potenzial der Dächer nutzen
Ulm verfügt über ausgezeichnete Voraussetzungen für Solarenergie. Mit durchschnittlich 1.650 Sonnenstunden pro Jahr liegt die Region über dem bundesdeutschen Durchschnitt.
Aktuelle Solarkapazitäten
Stand 2024 sind in Ulm und Umgebung bereits über 2.500 Photovoltaikanlagen installiert mit einer Gesamtleistung von etwa 85 Megawatt peak (MWp). Dies entspricht dem Jahresstrombedarf von rund 25.000 Haushalten.
Solarpotenzialkataster der Stadt
Das online verfügbare Solarpotenzialkataster zeigt für jedes Gebäude in Ulm:
- Eignungsgrad der Dachflächen für Photovoltaik
- Potenzielle Stromproduktion in kWh/Jahr
- Wirtschaftlichkeitsberechnung
- CO2-Einsparpotenzial
Geplante Großprojekte
Mehrere großflächige Solarprojekte sind in Planung:
- Solarpark Ulm-Ost: 15 MWp auf ehemaligen Gewerbeflächen
- Agri-PV Böfingen: 8 MWp mit gleichzeitiger landwirtschaftlicher Nutzung
- Floating-Solar Blaubeuren: 5 MWp auf einem Baggersee
Windenergie: Herausforderungen und Chancen
Die Windenergie spielt in der Ulmer Region eine wachsende Rolle, auch wenn die geografischen Gegebenheiten besondere Anforderungen stellen.
Bestehende Windparks
Aktuell drehen sich 12 Windenergieanlagen in der Region mit einer Gesamtleistung von 28 MW. Die durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 5,8 m/s in 140m Höhe ermöglicht einen wirtschaftlichen Betrieb.
Repowering-Projekte
Bis 2027 ist das Repowering von 6 älteren Anlagen geplant. Moderne Turbinen mit höherer Effizienz werden die Stromproduktion um 60% steigern bei gleichzeitiger Reduzierung der Anlagenzahl.
Bioenergie und Wasserkraft
Biomasse-Nutzung
Das Ulmer Umland bietet ideale Voraussetzungen für Bioenergie:
- 3 Biogasanlagen mit 4,2 MW Gesamtleistung
- Nutzung von Gülle und Energiepflanzen aus der Region
- Geplant: Biogas-Upgrading zu Biomethan für das Erdgasnetz
Wasserkraft an der Donau
Die Donau birgt ungenutztes Potenzial für kleine Wasserkraftwerke. Zwei Standorte werden derzeit auf ihre Machbarkeit geprüft:
- Wehr Böfingen: Potenzial 1,8 MW
- Wehr Wiblingen: Potenzial 2,1 MW
Energiespeicher: Schlüssel zur Energiewende
Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien steigt der Bedarf an Speicherlösungen. Ulm setzt auf verschiedene Technologien:
Batteriespeicher
- Großbatteriespeicher mit 10 MWh Kapazität (geplant 2025)
- Förderung privater Heimspeicher
- Integration in Quartierslösungen
Power-to-Gas
Eine Pilotanlage zur Wasserstoffproduktion soll 2026 in Betrieb gehen. Überschüssiger Solarstrom wird in grünen Wasserstoff umgewandelt und kann bei Bedarf rückverstromt werden.
Wärmewende: Fernwärme und Wärmepumpen
Ausbau der Fernwärme
Die Stadtwerke Ulm planen den Ausbau des Fernwärmenetzes von derzeit 85 km auf 120 km bis 2030. Neue Wärmequellen:
- Solarthermie-Großanlage (5 MW)
- Nutzung von Abwärme aus Industriebetrieben
- Geothermie-Erkundung im Stadtgebiet
Wärmepumpen-Offensive
Die Stadt fördert den Umstieg auf Wärmepumpen durch:
- Zusätzliche kommunale Förderung zu Bundesförderung
- Beratungsprogramm für Hausbesitzer
- Vereinfachte Genehmigungsverfahren
Bürgerbeteiligung: Gemeinsam zur Energiewende
Bürgerenergiegenossenschaften
In Ulm sind drei Bürgerenergiegenossenschaften aktiv:
- BürgerEnergie Ulm eG: 450 Mitglieder, 12 PV-Anlagen
- Energiegenossenschaft Alb-Donau eG: 320 Mitglieder
- Solar-Bürger Neu-Ulm eG: 280 Mitglieder
Mieterstrom-Projekte
Besonders in Mehrfamilienhäusern ermöglichen Mieterstrom-Projekte auch Mietern die Teilhabe an der Energiewende. 15 Projekte sind bereits realisiert, 8 weitere in Planung.
Elektromobilität: Infrastruktur für die Zukunft
Ladesäulen-Ausbau
Bis Ende 2024 stehen in Ulm 180 öffentliche Ladepunkte zur Verfügung. Der Ausbauplan sieht vor:
- 2025: 300 Ladepunkte
- 2027: 500 Ladepunkte
- 2030: 800 Ladepunkte
Sektorenkopplung
Elektromobilität wird zunehmend mit erneuerbaren Energien gekoppelt:
- Solar-Carports in Gewerbegebieten
- Bidirektionales Laden (Vehicle-to-Grid)
- Integration in Quartierskonzepte
Herausforderungen und Lösungsansätze
Netzausbau und Netzstabilität
Der Ausbau erneuerbarer Energien stellt das Stromnetz vor neue Herausforderungen:
- Verstärkung der Mittelspannungsnetze
- Intelligente Netzsteuerung (Smart Grid)
- Sektorenkopplung für Lastausgleich
Flächenkonkurrenz
Lösungsansätze für begrenzte Flächen:
- Agri-Photovoltaik für Doppelnutzung
- Floating-PV auf Gewässern
- Dachflächen-Optimierung
- Fassaden-Photovoltaik
Wirtschaftliche Aspekte: Chancen für die Region
Arbeitsplätze in der Energiewirtschaft
Die Energiewende schafft neue Arbeitsplätze in Ulm:
- Derzeit 1.200 Beschäftigte im Bereich erneuerbare Energien
- Prognose: 2.000 Arbeitsplätze bis 2030
- Schwerpunkte: Installation, Wartung, Planung, Beratung
Wertschöpfung in der Region
Durch lokale Energieproduktion bleibt Wertschöpfung in der Region:
- Reduzierte Energiekosten für Verbraucher
- Gewerbesteuereinnahmen durch Energieunternehmen
- Stärkung der regionalen Wirtschaft
Förderprogramme und Unterstützung
Kommunale Förderung
Die Stadt Ulm bietet eigene Förderprogramme:
- PV-Anlagen: bis zu 500€ Zuschuss
- Balkonkraftwerke: 100€ pro Anlage
- Batteriespeicher: 200€ pro kWh
- Wärmepumpen: bis zu 1.000€ Zuschuss
Beratungsangebote
- Kostenlose Energieberatung für Hausbesitzer
- Quartiers-Energiekonzepte
- Unternehmer-Beratung für Gewerbe
- Sanierungsfahrpläne für Gebäude
Ausblick: Ulm als Modellregion
Ulm hat das Potenzial, zur Modellregion für nachhaltige Energie zu werden. Die Kombination aus technologischer Innovation, bürgerschaftlichem Engagement und politischem Willen schafft ideale Voraussetzungen.
Ziele bis 2030
- Verdopplung der Solarkapazität auf 170 MWp
- Ausbau der Windenergie auf 50 MW
- 20% Anteil erneuerbarer Wärme
- 50% Elektromobilität im städtischen Fuhrpark
Vision 2040
Langfristig strebt Ulm an:
- Vollständige Energieautarkie aus erneuerbaren Quellen
- Exporteur grüner Energie in die Region
- Wasserstoff-Hub für Süddeutschland
- Klimaneutrale Industrie durch grünen Strom
Fazit: Gemeinsam zur grünen Zukunft
Ulm ist auf einem guten Weg zur Energiewende. Die ehrgeizigen Ziele sind erreichbar, wenn alle Akteure – Stadt, Unternehmen und Bürger – weiterhin an einem Strang ziehen. Die bereits erzielten Erfolge zeigen: Die Energiewende ist nicht nur ökologisch notwendig, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll.
Jeder kann seinen Beitrag leisten – sei es durch die Installation einer Solaranlage, den Umstieg auf eine Wärmepumpe oder die Beteiligung an einer Bürgerenergiegenossenschaft. Gemeinsam gestalten wir die nachhaltige Energiezukunft Ulms.
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